"auf" (+AKK) als räumliches Ziel (GOAL) von Bewegungsverben

1. Beispiele und Belege

1.1 Beispiele und Belege nach Quellen

DiÖ alternative, "standarddeutsche" Variante slawische Variante Quelle
(1) auf den Hof des Königs gehen

an den Hof des Königs gehen (lt. Quelle)

zum Hof des Königs gehen

slowen. na kraljev dvor
(nicht geprüft)

Schuchardt 1884: 115
(2) auf die Altstadt gehen
in die Altstadt gehen

tschech. na Staré Město

Schuchardt 1884: 115
(3) i meiss af Apothekn
ich muss in die Apotheke

slowak. do lekárne
(lt. Quelle orthographisch inkorrekt do lekárňe)

Schuchardt 1884: 115
(4) auf den Garten [gehen]
in den Garten

slowen. na vrt
(nicht geprüft)

Schuchardt 1884: 115
(5) auf den Smichov [gehen]
nach Smichov

tschech. na Smíchov

Schuchardt 1884: 115
(6) af Wien [gehen/fahren]
nach Wien

tschech. do Vídně

Schuchardt 1884: 115
(7) gehst auf Tolmein?
gehst du nach Tolmein?

 

Schuchardt 1884: 115
(8) af zu Haus gehen nach Hause gehen / zum Haus (z'Haus) gehen

tschech. domů

Schuchardt 1884: 116
(9) fertu meiss i af nach zu Haus  

 

Schuchardt 1884: 116

 

1.2 Anmerkungen aus den Quellen

Sämtliche der Belege zu diesem Typus von Kontaktphänomenen sind ausschließlich bei Schuchardt (1884) belegt. Er schreibt es sowohl dem "Tschecho-", "Slowako-" also auch dem "Sloweno-Deutschen" und damit sowohl den west- als auch südslawischen Sprachen, deren Sprachräume direkt an das heutige Österreich grenzen, zu:

  • Westslawische Sprachen:
    • Tschechisch-deutscher Kontaktbereich: Beispiele (2), (5), (6), (8)
    • Slowakisch-deutscher Kontaktbereich: Beispiel (3), (9)
  • Südslawische Sprachen:
    • Slowenisch-deutscher Kontaktbereich: Beispiele (1), (4), (7)

Tschechisch und Slowakisch haben vergleichbare lokale Präpositionsrepertoires, jenes des Slowenischen unterscheidet sich jedoch deutlich. Dies muss von möglichen kontrastiv ausgerichteten Studien berücksichtigt werden.

Bei den meisten der Beispiele ist auf Grund ihrer Bezeichnung als "Tschecho-", "Slowako-" oder auch "Sloweno-Deutsch" davon auszugehen, dass es sich um solche aus deutschen Lernervarietäten von Sprecherinnen und Sprechern der entsprechenden slawischen Erstsprachen handelt. Zwei dieser Beispiele, nämlich Beispiele (3) und (9) werden einer bestimmten Stadt, nämlich Modern (slowak. Modra, ungar. Modor) zugeordnet, die sich in der Westslowakei nahe Bratislavas befindet. Neben einer slowakischsprachigen Mehrheit dürften in der Stadt auch eine ungarisch- und deutschsprachige Minderheit gelebt haben. Auf Grund der Bezeichung als "Slowako-Deutsch" kann jedoch angenommen werden, dass das von Schuchardt zitierte Beispiel von einer Person mit Slowakisch als Erstsprache stammt.

Beispiel (7) stammt aus Deutschruth (slowen. [Nemški] Rut), einem Teil der deutschen Sprachinsel Zarz (Sorica) in Slowenien, und ist daher als dialektal, erstsprachlich Deutsch einzustufen. Dazu bemerkt Schuchardt (1884: 115), dass der "altvolksthümliche Gebrauch von auf nicht ausser Berücksichtung zu lassen" sei. Damit verweist er auf ein Phänomen, das auch Pohl (1989: 64) erwähnt, nämlich die (süd-)barische Präferenz, direktionale Argumente als Präpositionalphrasen mit auf (+AKK) auszudrücken, wenn das Ziel eine Stadt oder ein Ort ist (wie in Beispiel [7] Tolmein [slowen. Tolmin]) und daher das Standarddeutsche nach (+AKK) bevorzugen würde. Näheres dazu unter Punkt. 2.3.

Zu den Beispielen (8) und (9), die beide deutsch "nach Hause gehen" entsprechen, merkt Schuchardt (1884: 116) an, dass sie durch Verbindung der in "der deutschen Volkssprache" usuellen Syntagmen mit dem – seiner Analyse nach – in slawischen Lernerregistern zum Ausdruck eines räumlichen Ziels bevorzugten auf handeln könnte. Beiden Beispielen liegt dann die dialektale Konstruktion (10) zu Grunde:

z'Haus gehen (= zum Haus gehen)

2. Hinweise/Ergebnisse für Untersuchungen

Dieser Teil ist aktuell in Arbeit.

2.1 Plausibilität

 

2.2 Diachrone Aspekte

 

2.3 Areale Aspekte

 

2.4 Diastratische Aspekte

 

2.5 Bekannte Studien

 

2.6 Nächste Schritte

 

Text und Bearbeitung: Agnes Kim